01.06.2006

BVerfG: Vorlageverfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit

Die 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat drei
Vorlagen der Amtsgerichte Herford und Rinteln zur Frage der
Verfassungswidrigkeit der Jugendstrafe bzw. des Widerrufs der Aussetzung
der Jugendstrafe für unzulässig erklärt. Die vorlegenden Gerichte sehen
sich an der Verhängung einer Jugendstrafe bzw. einem Bewährungswiderruf
gehindert, weil sie den Jugendstrafvollzug – mangels gesetzlicher
Grundlage – insgesamt für verfassungswidrig halten.

Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zu Grunde:
Die verfassungsrechtlichen Bedenken der vorlegenden Gerichte richten
sich in der Sache nicht gegen § 17 Abs. 2 JGG bzw. § 26 Abs. 1 JGG.
Diese Normen regeln ausschließlich die Voraussetzungen für die
Verhängung von Jugendstrafe sowie die Voraussetzungen für den Widerruf
der Aussetzung von Jugendstrafe durch den Jugendrichter. Von den
Gerichten bemängelt wird vielmehr die unzureichende Ausgestaltung des
Jugendstrafvollzugs.

Selbst wenn die vorgetragenen Bedenken hinsichtlich des gegenwärtigen
Rechtszustands auf dem Gebiet des Jugendstrafvollzugs zuträfen, könnte
das nur dahin führen, dass einzelne, konkrete Vollzugsmaßnahmen mit dem
Grundgesetz unvereinbar wären. Folge einer rechtswidrigen, einen
Verurteilten in Grundrechten verletzenden Vollzugsmaßnahme wäre aber
nicht, dass die im Jugendgerichtsgesetz dem Grunde nach geregelte
Möglichkeit des Freiheitsentzugs durch Jugendstrafe oder des Widerrufs
einer Aussetzung der Jugendstrafe als solche verfassungswidrig wäre.

Eine andere Bewertung ergibt sich auch nicht unter der Rechtsprechung
des Bundesverfassungsgerichts zu Fällen mittelbarer
Entscheidungserheblichkeit. Die – ersichtlich von niemandem bezweifelte
– Verfassungsmäßigkeit der Jugendstrafe lässt sich unabhängig von der
Frage der Verfassungsmäßigkeit der konkreten Ausgestaltung des
Jugendstrafvollzugs beurteilen.


Zur Erforderlichkeit einer gesetzlichen Regelung für den
Jugendstrafvollzug siehe Urteil des Zweiten Senats des
Bundesverfassungsgerichts vom 31. Mai 2006 (Pressemitteilung Nr. 43/2006
vom 31. Mai 2006)


Bundesverfassungsgericht - Pressestelle -

Pressemitteilung Nr. 44/2006 vom 1. Juni 2006


Beschlüsse vom 9. Mai 2006 – 2 BvL 1/02; 2 BvL 4/02; 2 BvL 5/02

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