21.03.2012

Irgendwer wartet immer

Die zeitliche Planung von Terminen und dem Ablauf der Verhandlung obliegt dem Vorsitzenden. Der steht bei Sachen, in denen eine größere Zahl von Zeugen zu vernehmen ist, vor der Wahl, entweder alle Zeugen auf eine Uhrzeit zu laden oder aber die Zeugen gestaffelt zu laden.

Die erste Methode hat den Vorteil, dass die Verhandlung reibungsloser ablaufen kann, weil man gleich zu Beginn erkennt, welche Zeugen da sind und welche fehlen. Nachteil für die Zeugen: sie hocken gelegentlich stundenlang auf dem Flur und warten auf ihren Auftritt.

Der Vorsitzende einer Berufungskammer des Landgerichts Braunschweig hatte sich für die gestaffelte Ladung entschieden. Er hatte ein feines Drehbuch ausgearbeitet, wie es laufen könnte:

  • 12 Uhr - Einführung, Verlesung des erstinstanzlichen Urteils, Befragung des Angeklagten zur Sache
  • 12.30 Uhr: Befragung der Geschädigten
  • 13.15 Uhr nächste Zeugin
  • 13.45 Uhr Zeuge A
  • 14.00 Uhr Zeuge B

Er konnte nicht ahnen, dass derVerteidiger dem Angeklagten geraten hat, im Gegensatz zur ersten Instanz zu schweigen. Als Nebenklagevertreter habe ich mir das interessiert angeschaut. Also war der erste Block um 12.10 Uhr schon fertig, warten bis 12.30 Uhr.

12.30: Geschädigte nicht da, Anordnung der polizeilichen Vorführung, Unterbrechung bis 13.15
13.15: Geschädigte nicht auffindbar, Vernehmung der nächsten Zeugin bis 14.10
14.15: Zeuge A teilt mit, dass die Geschädigte vermutlich im Ausland ist, Vernehmung bis 14.45
14.50: Zeuge B

Durch die gestaffelte Ladung wurde immerhin erreicht, dass das Leid des Wartens verteilt wurde. Bei einer Ladung aller Zeugen auf 12 Uhr wären wir eine Stunde eher fertig gewesen.

Wie man es macht, ist es falsch.

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