19.03.2012

Reden ist Silber, Schweigen ist Gold

Diese Weisheit kennt der Volksmund und sie sollte insbesondere im Strafrecht beherzigt werden. Unbedachte Äußerungen, die durch Polizisten protokolliert werden, sind später nur schwer wieder aus der Welt zu schaffen.

Was aber, wenn man im Selbstgespräch Sachen äußert, die nicht für die Öffentlichkeit gedacht sind? Der Bundesgerichtshof hatte einen derartigen Fall zu entscheiden. Es wurde gegen jemanden ermittelt und dessen Fahrzeug mit richterlicher Genehmigung mit technischen Mitteln abgehört. Im Rahmen dieser Abhörmaßnahme wurden bruchstückhafte Selbstgespräche aufgezeichnet, die später u. a. Grundlage einer Verurteilung waren.

Zu Unrecht, wie der BGH festgestellt hat. In der Pressemitteilung des BGH heißt es dazu:

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass die Selbstgespräche im konkreten Fall nicht hätten zur Überführung der Angeklagten im Strafprozess hätten verwendet werden dürfen. Insoweit bestand ein Beweisverwertungsverbot, das sich unmittelbar aus der Verfassung ergab. Denn mit der heimlichen Aufzeichnung und Verwertung des nichtöffentlich geführten Selbstgesprächs war ein Eingriff in den nach Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG absolut geschützten Kernbereich der Persönlichkeit verbunden.
Maßgeblich für die Einordnung, ob ein Selbstgespräch in den absolut geschützten Kernbereich fällt, sind nach der Pressemitteilung folgende Kriterien:

  • die Eindimensionalität der Selbstkommunikation, also die Äußerung ohne kommunikativen Bezug;
  • die Nichtöffentlichkeit der Äußerungssituation und das Maß des berechtigten Vertrauens der Person darauf, an dem jeweiligen Ort vor staatlicher Überwachung geschützt zu sein;
  • die mögliche Unbewusstheit der verbalen Äußerung;
  • die Identität der Äußerung mit den inneren Gedanken ,
  • die Äußerungsform als bruchstückhafter, auslegungsfähiger oder –bedürftiger Ausschnitt eines "Gedankenflusses".
Das angegriffene Urteil wurde aufgehoben und zur erneuten Verhandlung an das Landgericht zurückverwiesen.

BGH, Urteil vom 22. Dezember 2011 – 2 StR 509/10
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