Alter schützt nicht vor langer Strafe
Ein Straftäter muss nach dem Maß der verhängten Strafe nicht die Gewissheit haben, im Anschluss an die Strafverbüßung in die Freiheit entlassen zu werden.
Hierzu die Pressemitteilung des BGH:
Das Landgericht Hagen hat die drei erheblich und einschlägig vorbestraften Angeklagten am 10. Juni 2005 wegen einer Vielzahl von bewaffneten Raubüberfällen auf Geldinstitute, die sie in der Zeit von 1988 bis 2004 begangen hatten, zu Gesamtfreiheitsstrafen von zwölf, zehn und neun Jahren verurteilt. Die Besonderheit des Falles lag darin begründet, dass die Angeklagten zum Zeitpunkt der Urteilsverkündung bereits 74, 73 und 64 Jahre alt waren ("Opa-Bande"). Die Angeklagten wandten sich mit ihren Revisionen gegen die Höhe der verhängten Strafen, die vermutlich ihre jeweilige Restlebensdauer überschreite. In einem solchen Fall müsse auf eine Strafe erkannt werden, die einem Angeklagten noch einen Rest seines Lebens in Freiheit lasse, selbst wenn dies nur unter der Voraussetzung möglich sei, eine unverhältnismäßig niedrig erscheinende Strafe zu verhängen. Dem ist der Bundesgerichtshof nicht gefolgt: Die Strafe müsse gerechter Schuldausgleich sein. Zwar müsse einem Straftäter unter Vollstreckungsgesichtspunkten grundsätzlich eine Chance verbleiben, wieder der Freiheit teilhaftig zu werden; einen Rechtssatz des Inhalts, dass jeder Straftäter schon nach dem Maß der verhängten Strafe die Gewissheit haben müsse, im Anschluss an die Strafverbüßung in die Freiheit entlassen zu werden, gebe es aber nicht. Insbesondere könne sich aus dem Lebensalter eines Angeklagten etwa unter Berücksichtigung statistischer Erkenntnisse zur Lebenserwartung keine Strafobergrenze ergeben.
Da das Landgericht alle für die Strafzumessung bestimmenden Umstände, insbesondere auch das fortgeschrittene Alter der Angeklagten, gesehen und rechtsfehlerfrei gewichtet hatte, wurden die Revisionen der Angeklagten verworfen. Das Urteil ist damit rechtskräftig.
Urteil vom 27. April 2006 - 4 StR 572/05
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