Merkwürdige Berufungsverhandlung
Das Amtsgericht verurteilte erstinstanzlich vollumfänglich in einer Verkehrsunfallsache, ohne die ebenfalls verklagte Fahrerin persönlich gehört zu haben. Es erweist sich eigentlich immer als nützlich, wenn man sich das Unfallgeschehen von beiden Seiten schildern läßt. Die alten Römer hatten mit dem Grundsatz "audiatur et altera pars" gar nicht mal so unrecht, zumal der Kläger ausreichend Gelegenheit bekam, seine Sicht der Dinge weitschweifig darzustellen. Außerdem wurden weitere Fehler in der Beweiswürdigung etc. gemacht.
Gegen dieses Urteil wurde natürlich Berufung eingelegt und das Landgericht beraumte einen Termin zur mündlichen Verhandlung an, zu dem auch die Unfallbeteiligten geladen wurden. Diese wurden angehört, ein Mitverschulden des Klägers dürfte offensichtlich geworden sein. Er ist erheblich angetrunken nachts ohne zureichende Beleuchtung mit seinem Fahrrad fast Straßenmitte gefahren, wo es in einer Kurve zu einer Kollision mit einem PKW kam.
Nun soll das Gericht ja in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Einigung hinwirken, aber der Vorschlag, der dann kam, war vollständig inakzeptabel. Der Vorsitzende meinte, man solle es doch bei dem ausgeurteilten Betrag belassen und der Kläger verzichtet auf den Feststellungsantrag. Welchen Wert dieses Feststellungsinteresse nach Ansicht des Amtsgerichts hatte, wird aus der Festsetzung des Streitwert ersichtlich: er wurde dort mit 1,00 EUR berücksichtigt.
Als ich meine ablehnende Haltung deutlich machte, auch weil eine Verschlechterung des Zustands des Klägers nach Lage der Dinge nicht zu erwarten ist, meinte der Vorsitzende, er sei "mental nicht in der Lage" weiter über so einen Vergleich zu diskutieren. Er verstünde es eh nicht, daß man bei 2.300 EUR Berufung einlegen würde, er würde schließlich auch Handelssachen mit 6-stelligen Streitwerten machen, da könne er es verstehen.
Ich bin mal gespannt, welches Urteil da nun rauskommt...
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