Das Hessische Finanzgericht hat kürzlich entschieden, dass der Einspruch gegen einen Steuerbescheid nicht per einfacher E-Mail erfolgen kann:
"Betroffene müssen damit rechnen, dass der Bescheid, gegen den sie
sich wenden wollen, deshalb mangels wirksamer Anfechtung zu ihren
Ungunsten bestandskräftig wird. Das hat das Hessische Finanzgericht
entschieden (Aktenzeichen: 8 K 1658/13).
Im Streitfall hatte die Mutter eines volljährigen Kindes gegen den
Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid der Familienkasse lediglich mit
einfacher E-Mail Einspruch eingelegt. Die Familienkasse wertete die
einfache E-Mail zwar als wirksamen Einspruch, wies diesen Einspruch
jedoch in der Sache als unbegründet zurück.
Die hiergegen erhobene Klage der Mutter hatte keinen Erfolg. Das
Hessische Finanzgericht entschied, dass der mit der einfachen E-Mail
angegriffene Bescheid – entgegen der übereinstimmenden Auffassung der
Klägerin und der Familienkasse – bereits mangels wirksamer Anfechtung
bestandskräftig geworden ist. Denn ein lediglich mittels einfacher
E-Mail eingelegter Einspruch genüge den gesetzlichen Erfordernissen
nicht. Eine Entscheidung zu der Frage, ob der Bescheid inhaltlich
rechtmäßig war, sei deshalb nicht mehr zu treffen.
Im Einzelnen hat das Hessische Finanzgericht darauf hingewiesen, dass
eine elektronische Einspruchseinlegung nach § 87a Abs. 3 Sätze 1 und 2
Abgabenordnung zwingend mit einer sog. qualifizierten elektronischen
Signatur nach dem Signaturgesetz zu versehen sei. Hierdurch werde
sichergestellt, dass die besonderen Zwecke der bisher üblichen
Schriftform im Zeitpunkt der Rechtsbehelfseinlegung auch im modernen
elektronischen Rechtsverkehr erfüllt werden. Nur durch die qualifizierte
elektronische Signatur könne gewährleistet werden, dass der E-Mail
neben dem Inhalt der Erklärung auch die Person, von der sie stammt,
hinreichend zuverlässig entnommen werden könne. Außerdem werde
sichergestellt, dass es sich hierbei nicht nur um einen Entwurf handele,
sondern dass die E-Mail mit dem Wissen und dem Willen des Betroffenen
der Behörde zugeleitet worden sei. Dies werde auch durch die
gesetzlichen Regelungen des ab dem 01.08.2013 in Kraft getretenen sog.
E-Government-Gesetzes belegt. Denn der Gesetzgeber habe dort bewusst auf
die Versendung elektronischer Dokumente nach dem De-Mail-Gesetz und
eben nicht auf die allgemein gebräuchliche E-Mail-Kommunikation
zurückgegriffen.
Schließlich könne sich die Klägerin nicht darauf stützen, dass
Finanzbehörden und Familienkassen in der Praxis bisher auch einfache
E-Mails als formwirksamen Einspruch angesehen hätten. Denn der
Verwaltung stehe es aufgrund des Prinzips der Gewaltenteilung nicht zu,
mittels Richtlinien (hier: des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung)
die gesetzlichen Formerfordernisse außer Kraft zu setzen. Weil im
konkreten Streitfall seit der Einspruchseinlegung durch einfache E-Mail
mehr als ein Jahr vergangen war, könne sich die Klägerin schließlich
auch nicht auf mangelndes Verschulden im Rahmen eines sog.
Widereinsetzungsantrages nach § 110 Abgabenordnung berufen.
Das Hessische Finanzgericht, das mit dieser Entscheidung von der
gesamten Kommentarliteratur und von Teilen der finanzgerichtlichen
Rechtsprechung abweicht, hat die Revision zugelassen. Das
Revisionsverfahren wird beim Bundesfinanzhof (BFH) unter dem
Aktenzeichen III R 26/14 geführt."
Quelle: Pressemitteilung des Hessischen Finanzgerichts vom 17.09.2014
Bernd Eickelberg
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht
Von-Eltz-Str. 12
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