21.09.2014

Verliert ein beliebtes Umgehungsmittel bald an Wert?

Ein naher Angehöriger des Beschuldigten oder Angeklagten hat ein Zeugnisverweigerungsrecht, er braucht nicht auszusagen. Wer zunächst bei der Polizei vernommen wurde und Angaben gemacht hat, kann z. B. später in der Hauptverhandlung immer noch von seinem Verweigerungsrecht Gebrauch machen. Das Vernehmungsprotokoll darf dann nicht verlesen werden (§ 252 StPO). Auch darf der Vernehmungsbeamte nicht als Zeuge über den Inhalt der Vernehmung befragt werden.

Es gibt nur eine Ausnahme, die der BGH bislang zugelassen hat: die richterliche Vernehmung. Wenn der Zeuge von einem Richter befragt wurde, kann und darf der Richter in einer Hauptverhandlung als Zeuge über den Inhalt der Vernehmung befragt werden.

(Über-)eifrige Staatsanwälte haben deshalb in entsprechenden Fällen aussagewillige Familienangehörige schnellstmöglich vor einen Richter geschleppt und sie dort ihre Angaben wiederholen lassen. So hatten sie dessen Angaben im Sack, wenn sich der Zeuge später auf seine Rechte besinnen sollte.

Dieses systemwidrige Vorgehen will jetzt der 2. Strafsenat des BGH erschweren. Eine Vernehmung des Richters und die Verwertung der Angaben soll nur noch dann möglich sein, wenn der Zeuge in der richterlichen Vernehmung ausdrücklich über die spätere Verwertungsmöglichkeit belehrt wurde. Er hat einen entsprechenden Anfragebeschluss an die übrigen Strafsenate des BGH gestellt, ob diese sich der neuen Ansicht anschließen wollen.

Bleibt diese Anfrage auch weiterhin ohne Reaktion, wird sich der Große Senat für Strafsachen mit der Sache befassen müssen, um eine einheitliche Rechtsprechung zu sichern.

Näheres dazu auch hier.

Bernd Eickelberg Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht Von-Eltz-Str. 12 30938 Burgwedel www.anwalt-burgwedel.de --- JuraBlogs - Die Welt juristischer Blogs

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