Der Bundesgerichtshof hat sich in einer Entscheidung mit der Frage
befasst, ob sich der Käufer eines Neuwagens noch auf die fehlende
Fabrikneuheit des Fahrzeugs berufen kann, wenn er die Abnahme
des an Lackierung und Karosserie beschädigten Fahrzeugs nicht
generell abgelehnt, sondern zunächst eine Beseitigung der Schäden
verlangt hat und diese anschließend nur unzureichend gelungen ist.
Der Kläger bestellte im November 2009 bei der Beklagten, einer
BMW-Vertragshändlerin, zum Preis von 39.000 € einen BMW 320d als
Neuwagen. Im Dezember 2009 verweigerte er die Annahme des Fahrzeugs
wegen Schäden an der Lackierung und der Karosserie und verlangte
unter Fristsetzung Nachbesserung. Gestützt auf ein
Sachverständigengutachten, das die daraufhin vorgenommene Nachbesserung
für
nicht ordnungsgemäß erachtet hatte, lehnte er Mitte Januar 2010 eine
Übernahme des Fahrzeugs erneut ab und trat vom Vertrag zurück, nachdem
die Beklagte sich darauf berufen hatte, dass das
Fahrzeugs nunmehr mängelfrei sei.
Der Kläger hat die Beklagte auf Rückzahlung der von ihm geleisteten
Anzahlung in Höhe von 10.000 €, Freistellung von den zur
Fahrzeugfinanzierung eingegangenen Darlehensverbindlichkeiten sowie
Ersatz von Sachverständigenkosten in Anspruch genommen. Das
Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die
Klage abgewiesen, weil der Kläger sich angesichts seines
Nachbesserungsverlangens nicht mehr auf die fehlende Fabrikneuheit
des Fahrzeugs berufen könne und die verbliebenen Mängel, auch wenn zu
deren Beseitigung Kosten von bis zu sieben Prozent des
Kaufpreises anfallen könnten, lediglich optischer Natur und kaum
wahrnehmbar seien.
Die vom Bundesgerichtshof zugelassene Revision des Klägers hatte
Erfolg. Der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat
des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass der Käufer
eines Neuwagens grundsätzlich erwarten kann, dass die von ihm
verlangte Nachbesserung technisch den Zustand herbeiführt, der dem
werksseitigen Auslieferungsstandard entspricht. Verlangt der
Käufer eines Neuwagens die Beseitigung von Mängeln, verzichtet er
damit nicht auf die mit der Neuwagenbestellung vereinbarte
Beschaffenheit einer Fabrikneuheit des Fahrzeugs. Wird durch die
Nachbesserungsarbeiten ein Fahrzeugzustand, wie er normalerweise bei
einer werksseitigen Auslieferung besteht, nicht erreicht, kann der
Käufer vom Vertrag zurücktreten. Der Rücktritt ist dabei
auch nicht durch § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB* ausgeschlossen. Denn der
als Beschaffenheit vereinbarte fabrikneue Zustand des Fahrzeugs ist ein
maßgeblicher Gesichtspunkt bei der Kaufentscheidung und
spielt auch wirtschaftlich eine Rolle, da Fahrzeuge, die nicht mehr
als fabrikneu gelten, mit deutlichen Preisabschlägen gehandelt werden.
Der Bundesgerichtshof hat das Urteil des Berufungsgerichts
aufgehoben und die Sache zur Klärung neu aufgetretener Umstände, die aus
prozessualen Gründen im Revisionsverfahren nicht berücksichtigt
werden konnten, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
*323 BGB: Rücktritt wegen nicht oder nicht vertragsgemäß erbrachter Leistung
…
(5) … Hat der Schuldner die Leistung nicht vertragsgemäß bewirkt, so
kann der Gläubiger vom Vertrag nicht zurücktreten, wenn die
Pflichtverletzung unerheblich ist.
Urteil vom 6. Februar 2013 - VIII ZR 374/11
LG Bochum - Urteil vom 23. Februar 2011 – 6 O 151/10
OLG Hamm - Urteil vom 10. November 2011 – I-2 U 68/11
(Quelle: Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs vom 6. Februar 2013)
Bernd Eickelberg
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht
Von-Eltz-Str. 12
30938 Burgwedel
www.anwalt-burgwedel.de
---