Der
u.a. für das gewerbliche Mietrecht zuständige XII. Zivilsenat des
Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass ein berufsbedingter
Wohnortwechsel den Kunden grundsätzlich nicht dazu berechtigt, seinen
langfristigen Fitnessstudio-Vertrag außerordentlich zu kündigen.
Die
Klägerin verlangt als Betreiberin eines Fitnessstudios von dem
Beklagten restliches Nutzungsentgelt für die Zeit von Oktober 2013 bis
einschließlich Juli 2014. Die Parteien schlossen im Jahr 2010 einen
Vertrag über die Nutzung des Fitnessstudios in Hannover für einen
Zeitraum von 24 Monaten (Fitnessstudio-Vertrag). Sie vereinbarten ein
monatliches Nutzungsentgelt von 65 Euro zuzüglich einer – zweimal im
Jahr fälligen – Pauschale von 69,90 Euro für ein "Trainingspaket".
Ferner enthält der Vertrag eine Verlängerungsklausel um jeweils zwölf
Monate für den Fall, dass er nicht bis zu drei Monate vor Ablauf
gekündigt wird. Der Vertrag verlängerte sich entsprechend bis zum 31.
Juli 2014.
Im Oktober 2013 wurde
der bis dahin in Hannover lebende Beklagte zum Soldaten auf Zeit
ernannt. Ab diesem Zeitpunkt zahlte er keine Mitgliedsbeiträge mehr. Als
Soldat wurde er für die Zeit von Oktober bis Dezember 2013 nach Köln
und für die Zeit von Januar bis Mai 2014 nach Kiel abkommandiert; seit
Juni 2014 ist er in Rostock stationiert. Am 5. November 2013 kündigte er
den Fitness-Studiovertrag.
Das
Amtsgericht hat die Klage, mit der die Klägerin ein restliches
Nutzungsentgelt von 719,90 € begehrt hat, im Wesentlichen abgewiesen.
Auf die Berufung der Klägerin hat das Landgericht der Klage in vollem
Umfang stattgegeben. Hiergegen wendet sich der Beklagte mit der vom
Landgericht zugelassenen Revision.
Der
Bundesgerichtshof hat die Revision des Beklagten zurückgewiesen, weil
der Beklagte den Vertrag nicht wirksam vorzeitig gekündigt hat und er
deswegen bis zum regulären Vertragsende Nutzungsentgelt schuldet.
Ein
Dauerschuldverhältnis, wie der vorliegende Fitnessstudio-Vertrag, kann
zwar von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer
Kündigungsfrist gekündigt werden. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn
dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des
Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die
Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung
oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.
Allerdings trägt der Kunde grundsätzlich das Risiko, die vereinbarte
Leistung des Vertragspartners aufgrund einer Veränderung seiner
persönlichen Verhältnisse nicht mehr nutzen zu können. Etwas anderes
gilt nur dann, wenn ihm aus Gründen, die er nicht beeinflussen kann,
eine weitere Nutzung der Leistungen des anderen Vertragspartners nicht
mehr zumutbar ist.
Bei einem
Vertrag über die Nutzung eines Fitnessstudios kann ein solcher - nicht
in seinen Verantwortungsbereich fallender - Umstand etwa in einer die
Nutzung ausschließenden Erkrankung gesehen werden. Ebenso kann eine
Schwangerschaft die weitere Nutzung der Leistungen des Studiobetreibers
bis zum Ende der vereinbarten Vertragslaufzeit unzumutbar machen. Ein
Wohnsitzwechsel stellt dagegen grundsätzlich keinen wichtigen Grund
i.S.v. §§ 314 Abs. 1*, 543 Abs. 1**, 626 Abs. 1*** BGB für eine
außerordentliche Kündigung eines Fitness-Studiovertrags dar. Die Gründe
für einen Wohnsitzwechsel - sei er auch berufs- oder familienbedingt -
liegen in aller Regel allein in der Sphäre des Kunden und sind von ihm
beeinflussbar. Besondere Umstände, die hier die Übernahme des
Verwendungsrisikos für den Kunden gleichwohl als unzumutbar erscheinen
ließen, sind weder festgestellt noch sonst ersichtlich.
Die
Vorschrift des § 46 Abs. 8 Satz 3 TKG****, die dem Nutzer einer
Telekommunikations-Leistung (etwa DSL) ein Sonderkündigungsrecht unter
Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten einräumt, wenn die
Leistung am neuen Wohnsitz nicht angeboten wird, ist weder unmittelbar
noch entsprechend auf die Kündigung eines Fitnessstudio-Vertrags
anzuwenden.
* § 314 Abs. 1 BGB
Dauerschuldverhältnisse kann jeder Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne
Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Ein wichtiger Grund liegt
vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des
Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die
Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung
oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.
** § 543 Abs. 1 BGB Jede Vertragspartei kann das Mietverhältnis aus
wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen. Ein wichtiger Grund
liegt vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände
des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien,
und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des
Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur
sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann.
***
§ 626 Abs. 1 BGB Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus
wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden,
wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter
Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der
Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses
bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten
Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.
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§ 46 Abs. 8 TKG Der Anbieter von öffentlich zugänglichen
Telekommunikationsdiensten, der mit einem Verbraucher einen Vertrag über
öffentlich zugängliche Telekommunikationsdienste geschlossen hat, ist
verpflichtet, wenn der Verbraucher seinen Wohnsitz wechselt, die
vertraglich geschuldete Leistung an dem neuen Wohnsitz des Verbrauchers
ohne Änderung der vereinbarten Vertragslaufzeit und der sonstigen
Vertragsinhalte zu erbringen, soweit diese dort angeboten wird. Der
Anbieter kann ein angemessenes Entgelt für den durch den Umzug
entstandenen Aufwand verlangen, das jedoch nicht höher sein darf als das
für die Schaltung eines Neuanschlusses vorgesehene Entgelt. Wird die
Leistung am neuen Wohnsitz nicht angeboten, ist der Verbraucher zur
Kündigung des Vertrags unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei
Monaten zum Ende eines Kalendermonats berechtigt…
Vorinstanzen:
AG Hannover – Urteil vom 28. Oktober 2014 – 538 C 4326/14
LG Hannover – Urteil vom 27. April 2015 – 12 S 89/14
(Quelle: Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs vom 4. Mai 2016)
Bernd Eickelberg
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht
Von-Eltz-Str. 12
30938 Burgwedel
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