18.07.2007

BGH: Zu den Voraussetzungen einer fristlosen Kündigung durch den Versicherer in der privaten Krankenversicherung

Aus der Pressemitteilung des BGH:

"Die Parteien haben in beiden Verfahren über den Fortbestand eines vom jeweils beklagten Versicherer fristlos gekündigten Krankenversicherungsverhältnisses gestritten, das neben einer Krankentagegeldversicherung unter anderem eine Krankheitskosten- und eine Pflegepflichtversicherung umfasst. Die Versicherer haben das Krankenversicherungsverhältnis insgesamt gekündigt. Sie haben die Kündigung darauf gestützt, die Kläger hätten trotz gemeldeter Arbeitsunfähigkeit ihre Berufstätigkeit weiterhin ausgeübt und dadurch unberechtigt Leistungen aus der Krankentagegeldversicherung zu erschleichen versucht. Nach den Versicherungsbedingungen setzt der Anspruch auf Krankentagegeld Arbeitsunfähigkeit voraus. Diese liegt vor, wenn die versicherte Person ihre berufliche Tätigkeit nach medizinischem Befund vorübergehend in keiner Weise ausüben kann, sie auch nicht ausübt und keiner anderweitigen Erwerbstätigkeit nachgeht.

...

Dies berechtigte die Beklagte aber nicht zur Kündigung der Krankentagegeldversicherung aus wichtigem Grund. Ein wichtiger Grund liegt nach § 314 Abs. 1 Satz 2 BGB vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Diese erforderliche Gesamtabwägung ist in den Vorinstanzen nicht im rechtlich gebotenen Maß durchgeführt worden. Insbesondere wurde nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt, dass der Kläger nur in geringem Umfang beruflich tätig geworden war, die Tätigkeit sich auf die Besprechungen mit dem Zeugen A. beschränkten und die Beklagte ihre Leistungen eingestellt hatte."

Urteil vom 18. Juli 2007 - IV ZR 129/06 -

Vorinstanzen:

LG Tübingen, Entscheidung vom 14. Oktober 2005 - 4 O 141/05

OLG Stuttgart, Entscheidung vom 25. April 2006 - 10 U 238/05

Bayern will Sperrstunde verschärfen

Nachdem man nun auf Bundesebene einen Innenminister hat, der mit seinen Ideen gelegentlich Amok zu laufen scheint (so ein anderer Politiker), muß nun auch mal wieder Bayern ran:

"Nach einem deutlichen Anstieg von Gewalttaten unter Alkohol-Einfluss prüft Bayern eine Verschärfung der Sperrstunden-Regelung. Das Innenministerium erwäge, den Kommunen wieder mehr Spielraum bei der Festlegung der Öffnungszeiten in der Gastronomie zu geben, sagte der Ministeriumssprecher Rainer Riedl.

"Seit die Öffnungszeiten im Jahr 2005 in Bayern verlängert worden sind, ist die Zahl der Körperverletzungen unter Alkoholeinfluss im Zeitraum zwischen ein und fünf Uhr morgens um 25 Prozent gestiegen“, erklärte Riedl. Derzeit gilt in Bayern eine allgemeine Sperrstunde lediglich zwischen fünf und sechs Uhr morgens."

Quelle: sueddeutsche.de

25 Prozent Steigerung hören sich natürlich dramatisch an, der Wert an sich ist aber ohne die Angabe konkreter Zahlen wenig aussagekräftig. Wenn es vorher 4 Taten waren und jetzt sind es 5, dann hätte man auch diese Steigerung. Auch über die Ursachen der Alkoholisierung und die Herkunft der Spirituosen sagt dieser Wert gar nichts aus. Weitere Informationen und eine solide statistische Auswertung wären schon wünschenswert.

Aber das würde sich dann vielleicht nicht so schön plakativ verwerten lassen.

16.07.2007

BGH: Änderung des Haftungskonzepts zum sog. existenzvernichtenden Eingriff

Aus der Pressemitteilung des BGH vom 16.07.2007:

Die Kernsätze der Entscheidung lauten:

1. An dem Erfordernis einer als "Existenzvernichtungshaftung" bezeichneten Haftung des Gesellschafters für missbräuchliche, zur Insolvenz der GmbH führende oder diese vertiefende kompensationslose Eingriffe in das der Zweckbindung zur vorrangigen Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger dienende Gesellschaftsvermögen wird festgehalten.

2. Der Senat gibt das bisherige Konzept einer eigenständigen Haftungsfigur, die an den Missbrauch der Rechtsform anknüpft und als Durchgriffs(außen)haftung des Gesellschafters gegenüber den Gesellschaftsgläubigern ausgestaltet, aber mit einer Subsidiaritätsklausel im Verhältnis zu den §§ 30, 31 BGB versehen ist, auf. Stattdessen knüpft er die Existenzvernichtungshaftung des Gesellschafters an die missbräuchliche Schädigung des im Gläubigerinteresse zweckgebundenen Gesellschaftsvermögens an und ordnet sie - in Gestalt einer schadensersatzrechtlichen Innenhaftung gegenüber der Gesellschaft - allein in § 826 BGB als eine besondere Fallgruppe der sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung ein.

3. Schadensersatzansprüche aus Existenzvernichtungshaftung gemäß § 826 BGB sind gegenüber Erstattungsansprüchen aus §§ 31, 30 GmbHG nicht subsidiär; vielmehr besteht zwischen ihnen - soweit sie sich überschneiden - Anspruchsgrundlagenkonkurrenz.

Urteil vom 16. Juli 2007 - II ZR 3/04

Vorinstanzen:
LG Rostock - Urteil vom 20.3.2003 - 4 O 177/01
OLG Rostock - Urteil vom 10.12.2003 - 6 U 56/03

14.07.2007

BGH entscheidet zu Belehrungspflichten der Strafverfolgungsbehörden

Der BGH hat nach der Pressemitteilung vom 03.07.2007 mit seinem Urteil zum Az. 1 StR 3/07 verdeutlicht, daß einer, der in den Focus der Ermittlungen gerät, rechtzeitig als Beschuldigter zu belehren ist. Anderenfalls sind die Vernehmungen unverwertbar.

Der BGH führt dazu aus:
"Eine Pflicht zur Beschuldigtenbelehrung habe gleichwohl bestanden, weil die Ermittlungsbeamten bei der ersten der beiden von der Revision angegriffenen Vernehmungen und danach ein Verhalten gezeigt hätten, aus welchem sich für den Angeklagten habe ergeben müssen, dass sie ihm als Beschuldigten begegneten. Ein solcher Verfolgungswille der Ermittlungsbeamten ergebe sich aus dem Ziel, der Gestaltung und den Begleitumständen dieser Vernehmung und einer darauf folgenden Suchmaßnahme mit Leichensuchhunden auf dem Anwesen des Angeklagten. Die Vernehmung habe vornehmlich dazu gedient, mittels kriminalistischer Taktik einen Tatnachweis gegen den Angeklagten, von dessen mutmaßlicher Täterschaft sich der Beamte überzeugt gezeigt habe, zu ermöglichen oder einen gegebenenfalls erst später möglichen Tatnachweis zu erleichtern. Die Vernehmung sei von Vorhalten und Fragen geprägt gewesen, die erkennbar auf "Schwachstellen" in den bisherigen Aussagen gezielt und zuletzt in eindringlicher Form auf ein Geständnis hingewirkt hätten (etwa: "Das Gewissen plagt Sie nicht?")."

Vorinstanz:
Landgericht Waldshut-Tiengen – Urteil vom 10. Mai 2006 – 3 Ks 21 Js 1896/03

Beweislastumkehr gemäß § 476 BGB beim Kauf einer Katze

Unter dieser Überschrift findet sich eine Pressemitteilung des BGH vom 11.07.2007. In der Entscheidung mit dem Az. VIII ZR 110/06 hat der BGH deutlich gemacht, daß derjenige, der sich auf eine ihm günstige Verbraucherschutzbestimmung berufen will, das Vorliegen der Voraussetzungen beweisen muß.

Es heißt in der Mitteilung:
"Anders als das Berufungsgericht angenommen hat, muss nicht die Beklagte, sondern nach allgemeinen Beweislastgrundsätzen die Klägerin darlegen und beweisen, dass sie beim Abschluss des Kaufvertrags als Verbraucherin gehandelt hat, weil sie es ist, die sich auf die Anwendbarkeit der für sie günstigen Verbraucherschutzbestimmung des § 476 BGB beruft."

Vorinstanzen:
AG Krefeld - Urteil vom 12. September 2005 - 70 C 139/04
LG Krefeld - Urteil vom 7. April 2006 - 1 S 116/05

13.07.2007

Voller Einsatz

Pünktlich zur merkwürdigen Berufungsverhandlung setzte noch eine heftige Erkältung ein, der Taschentuchverbrauch erreichte astronomische Größenordnungen.

Da ich heute als Pflichtverteidiger zu einer Verhandlung mußte, in der plädiert und geurteilt werden sollte, machte ich gestern etwas zeitiger Feierabend. Es folgten ein heißes Erkältungsbad und alle denkbaren Hausmittel sowie Erzeugnisse der Pharma-Industrie, um die Verhandlungsfähigkeit herzustellen. Es mußten ja auch noch 2 Stunden Anreise mit dem Auto absolviert werden.

Ich war pünktlich und halbwegs fit da, die Verhandlung konnte beginnen. Das Verfahren gegen eine Mitangeklagte sollte abgetrennt werden, da dort noch Akten beschafft werden müssen. Diese sind wegen des Umzugs der Staatsanwaltschaft Magdeburg derzeit nicht verfügbar. Die Vorsitzende verlas das, was sie zu verlesen hatte, strahlte uns an und meinte, wir müßten ja nun einen weiteren Termin finden, um zum Ende zu kommen. Auf meinen dezenten Einwand, daß es ja etwas anders abgesprochen war, meinte sie, sie wolle keine 2 Urteile schreiben.

Nun denn, in 2 Wochen gehts weiter, die Staatskasse zahlt ja....

12.07.2007

Schwarze Jedi-Ritter

Der Tag sieht doch schon gleich etwas bunter aus, wenn man herzlich darüber gelacht hat, was manchen Politikern so durch den Kopf geistert:

" Im verzwickten Universum der "Star Wars"-Episoden sind sie die Wahrer der guten Sache - die Jedi-Ritter. Die Macht möge, so heißt ihr berühmter Gruß, immer auf ihrer Seite sein. Das ist wahrlich ein Gruß, auf den sich auch aufstrebende konservative Politiker verständigen können. Zumal wenn sie das Gefühl haben, ein bedrohtes Erbe vor dem Untergang bewahren zu müssen. In Berlin-Mitte im Café Einstein hat sich am Mittwoch eine kleine Runde zusammengefunden, die sich - wie einer aus der Gruppe halbironisch sagt - als eine Art Jedi-Ritter der alten wertkonservativen CDU/CSU versteht. Das Bündnis der Nachwuchspolitiker will Strategien entwickeln, damit das konservative Profil der Union nicht verloren geht."

So beginnt ein Artikel auf sueddeutsche.de, mehr kann man hier lesen.

David McAllister als Jedi, zu komisch...

Merkwürdige Berufungsverhandlung

Das Amtsgericht verurteilte erstinstanzlich vollumfänglich in einer Verkehrsunfallsache, ohne die ebenfalls verklagte Fahrerin persönlich gehört zu haben. Es erweist sich eigentlich immer als nützlich, wenn man sich das Unfallgeschehen von beiden Seiten schildern läßt. Die alten Römer hatten mit dem Grundsatz "audiatur et altera pars" gar nicht mal so unrecht, zumal der Kläger ausreichend Gelegenheit bekam, seine Sicht der Dinge weitschweifig darzustellen. Außerdem wurden weitere Fehler in der Beweiswürdigung etc. gemacht.

Gegen dieses Urteil wurde natürlich Berufung eingelegt und das Landgericht beraumte einen Termin zur mündlichen Verhandlung an, zu dem auch die Unfallbeteiligten geladen wurden. Diese wurden angehört, ein Mitverschulden des Klägers dürfte offensichtlich geworden sein. Er ist erheblich angetrunken nachts ohne zureichende Beleuchtung mit seinem Fahrrad fast Straßenmitte gefahren, wo es in einer Kurve zu einer Kollision mit einem PKW kam.

Nun soll das Gericht ja in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Einigung hinwirken, aber der Vorschlag, der dann kam, war vollständig inakzeptabel. Der Vorsitzende meinte, man solle es doch bei dem ausgeurteilten Betrag belassen und der Kläger verzichtet auf den Feststellungsantrag. Welchen Wert dieses Feststellungsinteresse nach Ansicht des Amtsgerichts hatte, wird aus der Festsetzung des Streitwert ersichtlich: er wurde dort mit 1,00 EUR berücksichtigt.

Als ich meine ablehnende Haltung deutlich machte, auch weil eine Verschlechterung des Zustands des Klägers nach Lage der Dinge nicht zu erwarten ist, meinte der Vorsitzende, er sei "mental nicht in der Lage" weiter über so einen Vergleich zu diskutieren. Er verstünde es eh nicht, daß man bei 2.300 EUR Berufung einlegen würde, er würde schließlich auch Handelssachen mit 6-stelligen Streitwerten machen, da könne er es verstehen.

Ich bin mal gespannt, welches Urteil da nun rauskommt...

11.07.2007

Renovierungsarbeiten

Ok, manchmal kann es nicht schnell genug gehen... Aber ich muß doch noch bis Anfang August warten, bis der Maler zur Renovierung des Wartebereichs meiner neuen Zweigstelle anrückt. Das ist verschmerzbar, denn auch im jetzigen Zustand kann man es dort aushalten.

Aufgeräumt ist er in jedem Fall ;-)

Manchmal liegt im Ende auch ein Anfang...

Eigentlich wollte ich ja die Arbeit an diesem blog einstellen, um mich anderen blogs zu widmen. Aber nun will ich doch wieder auch in eigenen Sachen schreiben.

Zum Beispiel darüber, daß ich nun auch eine Zweigstelle in Isernhagen / OT Neuwarmbüchen, Immenzaun 12 betreibe. Unter der Telefonnummer 05139/9788575 kann man mich dort in der Regel Mittwoch, Freitag und Samstag erreichen.

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